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IST GOTT SCHULDIG, WENN EIN GERECHTER STOLPERT? –
ZUR EXEGESE VON EZ. III 20



Im dritten Kapitel des Buches Ezechiel wird der Prophet von Gott zum “Wächter” für sein Volk berufen (Ez. iii 17-21). Als solcher soll er ein Mittler zwischen Gott und den Menschen sein. Wenn Gott das Todesurteil über einen Ungerechten spreche, habe der Prophet ihm dies weiterzuleiten und ihn vor Gott zu warnen (iii 18). Er solle so dem Ungerechten die rechtzeitige Umkehr ermöglichen. Warnt der Prophet den Ungerechten nicht, so daß dieser keine Chance zur Umkehr bekommt, macht er sich selbst schuldig, wenn Gott sein Urteil an dem unwissenden Ungerechten vollstrecken muß. Hat Ezechiel ihn jedoch gewarnt, der Ungerechte aber bleibt ungerecht, so ist der Prophet nicht schuldig an seinem Tod, denn der Ungerechte trägt seine verdiente Strafe (iii 19). In diesem Zusammenhang wird ein weiterer Fall zwischen Gott und dem Propheten abgesprochen. Der Prophet habe nicht nur die zu warnen, die immer schon Ungerechte waren, sondern er ist ebenso in dem umgekehrten Fall verantwortlich:
(iii 20a). Auch hier müsse der Gerechte vor Gottes Handeln gewarnt werden. Andernfalls trüge der Prophet selbst die Schuld am Untergang dieses Gerechten (iii 20b). Der hebräische zitierte Versteil birgt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten in sich. Die philologischen Entscheidungen, die hier getroffen werden, haben Konsequenzen für die Theologie, v.a. das Gottesbild dieses Abschnitts. Nach einem Vergleich mit den Parallelstellen, durch die die Besonderheit der Beschreibung des strauchelnden Gerechten in Ez. iii 20 deutlich wird (I), soll eine syntaktische Analyse die Problematik dieses Verses zeigen (II). Ein Blick in die nuancenreiche Auslegungsgeschichte innerhalb des Judentums und des Christen-tums zeigt, zu welch verschiedenen theologischen Ergebnissen man aufgrund unter
schiedlicher philologischer Deutungen von Ez. iii 20a kommen konnte (III). Abschließend soll der Versuch einer eigenen philologischen Analyse dieses Versteils geboten werden (IV).



Siehe den vollständigen Artikel in
Vetus Testamentum 48 (1998), S. 437-452