Der Siddur ist an vielen Stellen eine
neue, kreative Zusammenstellung biblischer Begriffe, Wendungen oder
Themen. Er interpretiert Bibeltexte, indem er sie in neue Kontexte
stellt. Einige Psalmen bekamen ihren festen Platz an bestimmten
Stellen der Gebetsordnung, wie auch Zitate aus Tora und Newi’im. Ihr
Zitatcharakter ist jedoch oft – zu Recht - völlig zurückgetreten.
Meistens kennt man also bestimmte Sätze nur aus dem Gebetbuch ohne zu
wissen, dass es Bibelzitate sind.
Nach einer Einführung in die Ordnung des jüdischen Gebets wollen wir
einige der wichtigsten Bibelzitate im Gebetbuch aufspüren und ihre
neuen Bedeutungen in ihren liturgischen Kontexten erschließen. Dazu
schauen wir auch in einige Kommentare zum Gebetbuch. Wir werden
außerdem einen Blick in die Ordnungen liberaler und konservativer
Siddurim werfen und zu verstehen suchen, warum sie wann andere
Bibeltexte oder -anspielungen wählten, was sie änderten, oder
ausließen. Das Seminar wendet sich sowohl an diejenigen, die sich für
die Interpretationen von Bibeltexten interessieren als auch an die,
die eine wissenschaftliche Einführung in die jüdische Liturgie in
ihrer modernen Vielfalt suchen. Da es sich um eine Übung handelt,
lässt sie viel Raum für Fragen und Diskussionen.
Voraussetzungen: Im Kern einer jeder Sitzung stehen hebräische Texte
verschiedener Zeitepochen. Daher wär’s gut, Hebräischkenntnisse wären
vorhanden. Da es sich um eine Übung handelt, werden wir uns nach dem
richten, was die Teilnehmer/innen an Kenntnissen mitbringen.
|